Anwälte im Dialog

Menu:

Berliner Testament, Testamentsauslegung

Nach dem Tod des Ehepaars Müller sind Heike und Erika die einzig noch lebenden Verwandten. Heike schreibt derzeit ihre Doktorarbeit und möchte im Anschluss für ein Jahr ins Ausland gehen. Erika ist allein erziehende Mutter von Zwillingen. Sie hatten sich um das Ehepaar und die den Ehemann nur um wenige Jahre überlegende Ehefrau gekümmert.
Beide sind nicht pflichtteilsberechtigt. Erika ist aber aufgrund ihrer Verwandtschaft zu Frau Müller gesetzliche Erbin.

Beim Tod des erstversterbenden Herrn Müller im Jahr 2004 fanden beide ein privatschriftliches „Berliner Testament“, in dem sich das Ehepaar gegenseitig als Alleinerben eingesetzt hatte. Weiterhin stand in dem Testament, dass nach dem Tod des Letztversterbenden die Doktorandin Alleinerbin unter Angabe des nicht unbeträchtliche Immobilienvermögen des Ehepaares bezeichnet wird. Sie haben folgende Formulierung gewählt:
“ Wir setzen uns gegenseitig als Alleinerben ein. Nach dem Tod des Letztversterbenden soll Heike als Alleinerbin unser Haus in Grünwald, unsere Ferienwohnung in Garmisch und das Appartement in Dresden erben.“
Das übrige hohe Kapitalvermögen von ca. € 800.000 ist in dem Testament nicht erwähnt.


Heike sieht sich folglich nicht nur als Erbin des Immobilienvermögens, sondern auch als Alleinerbin des gesamten Vermögens des Ehepaares, das noch diverse wertvolle Möbel, ein umfangreiches Aktiendepot etc. umfasste. Folge wäre, dass Erika völlig leer ausginge. Erika ist dagegen davon überzeugt, was auch das Ehepaar ihr gegenüber öfters geäußert hat, dass zwar Heike die Immobilien „allein“ erbt, sie jedoch als gesetzliche Erbin den gesamten Rest.

Beide Frauen benötigen das Geld aus der Erbschaft dringend. Heike für ihren Auslandsaufenthalt, Erika für den Unterhalt der kleinen Familie.

0815-Lösung
Beide beauftragen sofort nach dem Lesen des Testaments einen eigenen Anwalt. Die Positionen verhärten sich, da jede 100 % von ihrer Sicht der Dinge überzeugt ist, wobei es für jede der beiden Testamentsauslegungen sicherlich gute Argumente gibt.  Heikes Anwalt beantragt einen Erbschein für die gesamte Erbmasse, der Anwalt von Erika wendet sich gegen die Erteilung des Erbscheins, soweit er das Immobilienvermögen übersteigt. Von beiden Seiten werden sämtliche Rechtsmittel und Instanzenzüge ausgeschöpft. Darüber verstreichen zwei Jahre. Eine Entscheidung ist immer noch nicht getroffen und ist in absehbarer Zeit auch nicht zu erwarten. Selbst wenn jedoch eine Entscheidung ergeht, wird die unterlegene Partei den möglichen weiteren Rechtsweg bestreiten, was zur Folge hätte, dass auf Jahre niemand Zugriff auf das sonstige Vermögen der verstorbenen Eheleute hat. Das Aktiendepot verliert infolge der Finanzkrise erheblich an Wert. Heike konnte in folge der nervliche Belastung des Rechtstreits ihre Doktorarbeit nicht zeitnah beenden. Erika massive Zukunftsängste im Hinblick auf die Verfahrenskosten, sollte sie letztendlich verlieren. Beide Frauen, die bislang ein gutes Verhältnis miteinander hatten, sind mittlerweile völlig zerstritten.

Anwälte im Dialog
Beide Parteien wenden sich an einen der im Erbrecht erfahrenen „Anwälte im Dialog“. Jede der Parteien wird von einem Anwalt aus dem Anwältepool der „Anwälte im Dialog“ vertreten. Selbstverständlich vertritt jeder der Anwälte ausschließlich seine Mandantin und ausschließlich deren Interessen. Beide Anwälte erkennen, wie auch bei der 0815-Lösung, dass die von ihnen vertretene Partei durchaus im Recht sein könnte, sie erkennen aber auch, dass ein Gericht auch den Argumenten der Gegenseite folgen kann. Beide Parteien werden von ihren Anwälten darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit besteht, dass die Erblasser mit dem Begriff „Alleinerbe“ nicht das gesamte Vermögen meinten, da sie sich extra nur auf das Immobilienvermögen bezogen haben könne. Die Parteien erfahren, dass es sich bei den Erblassern um juristische Laien handelt, die vermutlich die umfassende Bedeutung des Begriffs „Alleinerbe“ nicht kannten und auch nicht in diesem umfassenden Sinn gebrauchen wollten. Aufgrund dieser Zweideutigkeit des Testaments ist dieses auszulegen und zu ermitteln, was beide Verfasser des gemeinschaftlichen Testaments ausdrücken wollten, was also der wirkliche Wille des verstorbenen Ehepaares war. Bevor aber der langwierige (s.o.)und aufgrund der hohen Streitwerte teure, gerichtliche Weg beschritten wird, der für eine der Parteien eine Niederlage bedeuten wird, raten die Anwälte im Dialog aufgrund des für keine Partei vorhersehbaren Ausgangs des Verfahrens sich außergerichtlich zu vergleichen.  Die alleinerziehende Zwillingsmutter, die jetzt dringend auf das Geld aus der Erbschaft angewiesen ist, schlägt vor,  nachdem sie auf das Prozesskostenrisiko und die Verfahrensdauer aufmerksam gemacht wurde, das übrige Vermögen zu teilen. Hiermit ist die Doktorandin einverstanden, da auch sie die gerichtlichen Risiken scheut. Auch sie braucht in absehbarer Zeit Geld, da die ererbten Immobilien teilweise zu sanieren sind. Die Anwälte im Dialog unterstützen die Mandantinnen beim gefundenen Vergleich und formulieren diesen. Beide Parteien können sich im übrigen nach diesem Vergleich noch in die Augen schauen. Sie sind davon überzeugt, dass mit dieser Lösung dem Willen der Erblasser, die mit beiden Parteien ein enges Verhältnis hatten, am besten Rechnung getragen wurde.